Sandra Stettler
Meinung
11.12.2025

LEG als neues Modell für Solarstrom: Geschenk oder Enttäuschung?

Schon bald ist Weihnachten. Allen aktuellen und zukünftigen Besitzer:innen von Solaranlagen hat die Schweiz ein besonderes Geschenk gemacht: Ab 2026 können sie mit dem Modell LEG (lokale Elektrizitätsgemeinschaft) ihren Solarstrom an Kundinnen und Kunden in ihrer Umgebung verkaufen. Aber macht dieses Geschenk auch wirklich Freude? Oder wird es ungenutzt bleiben?  

LEG im Vergleich zu Eigenverbrauch: Lohnt sich das neue Modell?

Als ich die Bedingungen für eine LEG zum ersten Mal gesehen habe, war ich skeptisch. Im Gegensatz zum Eigenverbrauch mit ZEV oder vZEV sind die Solarstrom-Einnahmen im LEG deutlich niedriger. Der neue Tarifrechner auf der unabhängigen Plattform lokalerstrom.ch zeigt, dass ein sinnvoller Solartarif im LEG meistens in der Grössenordnung von 12 Rp./kWh liegt. Bei Eigenverbrauch, im ZEV oder vZEV hingegen können Solartarife von rund 20 Rp./kWh verrechnet werden. Welche Tarife bei deinem LEG sinnvoll sind, findest du mit dem Tarifrechner schnell selbst heraus. Während meiner Arbeit in verschiedenen Gremien und mit vielen Kundinnen und Kunden, Elektrizitätswerken sowie Installateurinnen und Installateuren habe ich jedoch festgestellt, dass das LEG-Modell ganz neue Perspektiven eröffnet und sich daraus viele spannende Anwendungsfälle ergeben:

Die Rückliefertarife fallen ab 2026 fast in der ganzen Schweiz unter 12 Rp./kWh – im Sommer oft sogar deutlich darunter. Wieso also den überschüssigen Solarstrom an das Elektrizitätswerk abgeben, wenn er zu besseren Konditionen verkauft werden kann?

Anwendungsfälle: Von Gemeinden bis privaten Anlagenbesitzer:innen

Besitzt jemand in derselben Gemeinde (bzw. im Einzugsgebiet einer LEG) mehrere Gebäude, ist die LEG ideal, um Stromkosten zu sparen. So kann man auf geeigneten Dächern eine grosse Solaranlage installieren und den Strom an andere Gebäude mit weniger guter Eignung weiterleiten. Viele Gemeinden haben grosse Dächer, z.B. Turnhallen, benötigen im Sommer aber eher Strom in den Verwaltungsgebäuden. Das LEG-Modell ermöglicht den Transfer von Solarstrom von der Turnhalle an das Verwaltungsgebäude – so lohnt es sich, das gesamte Dach der Turnhalle mit Solarmodulen zu belegen.

Private Besitzer:innen von Solaranlagen sind stolz auf ihre Anlage und möchten ihre Familie und Freunde daran teilhaben lassen. Mit LEG ist das jetzt innerhalb eines gewissen Umkreises möglich, was viele weitere Menschen für die Solarenergie begeistern könnte.

ZEV und vZEV sind gute Modelle für Mietgebäude. Im Stockwerkeigentum und für den Verkauf an Nachbargebäude sind sie aber oft schwieriger umzusetzen. LEG lösen hier zentrale Hürden: Als Solaranlagenbesitzer ist man nicht Gesamt-Stromlieferant, sondern kümmert sich nur um den Verkauf des Solarstroms. Teilnehmer:innen können jederzeit dazukommen oder kündigen. So kann man mit wenigen Teilnehmenden starten und die LEG bei Erfolg erweitern.

Werkzeuge und Vorlagen für den erfolgreichen LEG-Start

Sind LEG also die grosse Erfolgsstory, die den Zubau von Solarstrom in der Schweiz massiv erhöhen werden? Sicher nicht allein. LEG sind eine Ergänzung zu Eigenverbrauch, ZEV und vZEV sowie zu den verschiedenen Subventionen für Solarstrom. Meist werden LEG erst in Kombination mit Eigenverbrauch und ZEV/ vZEV sinnvoll.  

Wichtig für den Erfolg von LEG wird zudem, dass diese mit wenig administrativem Aufwand gegründet und betrieben werden können. Auf lokalerstrom.ch wird noch vor Weihnachten eine Vertragsvorlage für die Gründung einer LEG erscheinen. Diese kann man als PV-Besitzer herunterladen, den gewünschten Solartarif und die eigenen Kontaktdaten eintragen und erhält so einen fertigen, juristisch geprüften LEG-Vertrag für seine LEG-Teilnehmer:innen. Bald soll auf lokalerstrom.ch zudem auch eine Liste von Abrechnungsdienstleistern für LEG aufgeschaltet werden. Damit finden Planer:innen von LEGs alle Informationen für die Umsetzung einer LEG übersichtlich auf lokalerstrom.ch. Bleibt also auf dem Laufenden – ein regelmässiger Besuch auf lokalerstrom.ch lohnt sich.

Fazit: Ein typisch schweizerisches Geschenk mit Potenzial

Das «Geschenk» LEG entspricht also nicht unbedingt einem Wellness-Gutschein, bei dem man sich einfach zurücklehnen und geniessen kann. Aber es ist auch kein Überraschungsgeschenk mit ungewissem Ausgang. Die LEG ist typisch schweizerisch eine Lösung, bei der man etwas Fleiss und Durchhaltewillen benötigt, um einen kleinen, aber stabilen Gewinn für die eigene Solaranlage zu erwirtschaften.  

In diesem Sinne wünsche ich euch frohe Festtage, einen guten Start ins neue Jahr und viel Erfolg mit euren Solarprojekten!

Viele Grüsse

Sandra Stettler

CEO bei der Egon AG